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Aus dem kleinen ABC zum Markus-Evangelium: D – Dämonen

Aktualisiert: 7. Nov.



Die zahlreichen Erwähnungen von Dämonen lösen Anfragen an die im Markus-Evangelium dargestellte Welt aus: Was sind Dämonen? Was hat man sich früher darunter vorgestellt? Was sind im Unterschied dazu die Unreinen Geister? Mit modernen Glaubenserfahrungen scheint eine Welt voller Dämonen und Unreiner Geister kaum in Einklang zu stehen.


Hier ist nicht der Ort, religionswissenschaftlich die Geschichte der Dämonen nachzuzeichnen oder die entsprechenden Belege aus der Antike mit dem Markus-Evangelium in Verbindung zu bringen. Für dessen Interpretation ist es jedoch unerlässlich, ihre Bedeutung im jeweiligen Kontext zu klären - und damit ihre literarische Funktion.


Üblich ist die Gleichsetzung von Dämonen mit Unreinen Geistern. Sie ist unangemessen, weil beide Gruppen nicht gegenseitig austauschbar sind. Dämonen wirken als Mächte des Satans gegen den Willen Gottes; Unreine Geister sind bloße Symptome der Endzeit innerhalb der jüdischen Welt oder in Abgrenzung zu ihr (vgl. Sach 13,2).


Beide können als eigenständige Akteure wie auch als Bewohner der von ihnen besessenen Erzählfiguren aktiv werden. Sie treten oft in der ersten Hälfte des Markus-Evangeliums auf, danach ist nur noch von einem sprachlosen und tauben Geist die Rede, den die Schüler nicht auswerfen können (9,25).


Jesus hat die Befugnis, beide auszuwerfen, Dämonen wie Unreine Geister, durch jenen Geist Gottes, der ihn selbst in die Wüste auswirft (1,12). Als Sohn Gottes kann er dort der Macht des Satans widerstehen (1,13), muss später aber Petros, den er ausdrücklich als Satan anspricht, erneut hinter sich rufen (8,33). Er erklärt das mit dem Vorwurf, Petros sei nur auf Menschliches bedacht, nicht auf das, was Gottes ist.


Ein erster Unreiner Geist weiß und verkündigt in der Synagoge unaufgefordert, wer Jesus ist, stellt ihn aber als Menschen gleichrangig neben Gott (Nazarener, der Heilige Gottes, 1,24). Jesus verhindert derart unreine Verkündigung durch einen derben Maulkorb-Befehl (1,26). Sein zweiter Befehl (geh heraus) führt sofort dazu, dass der Geist scheinbar aufs Wort gehorcht, aber mit Gebrüll herausgeht.


Unpassend dazu die allgemeine Reaktion: Sie machen die Befugnis Jesu irrtümlich daran fest, dass die Unreinen Geister ihm gehorchen (1,27). Denn die tun genau das nicht, angesichts des Gebrülls des einen Geistes. Unreine Geister lösen unreine Erkenntnis und unreine Verkündigung aus. Die Pharisäer hegen sogar den Verdacht, Jesus werfe mit Petros als dem Herrscher der Dämonen die Dämonen aus; der wäre also ihr widergöttlicher Befehlshaber, der Satan, der (3,22, vgl. https://www.skandaljuenger.de/post/die-geschichte-der-einsetzung-der-zwölf-mk-3-13-19).


Das haben Dämonen und Unreine Geister gemeinsam: Sie wissen sehr gut Bescheid über Jesus (1,34) und könnten – im Unterschied zu den Schülern – richtige Antworten geben auf die Frage, wer er ist (vgl. 3,11). Vor der Berufung der Zwölf bekennen die Unreinen Geister Jesus allein durch den bloßen Anblick als Sohn Gottes und huldigen ihm, indem sie sich vor ihm hinwerfen. Deshalb lässt er sie nicht zu Wort kommen (3,12 vgl. 1,25.34).


Den Unterschied zwischen beiden Gruppen, zwischen den Dämonen und den Unreinen Geistern, zeigt die gewitzte Geschichte der Syrophönizierin (7,24ff). Deren Tochter leidet, wohl wegen ihrer zwielichten Herkunft, an einem Unreinen Geist (7,25). Doch die Mutter bittet Jesus darum, deren Dämon auszuwerfen, gleichsam per Fern-Heilung. Er lässt sich auf ein gewitztes Gespräch mit ihr ein, lehnt ihren Wunsch ab und schickt sie schließlich ohne eigene Beteiligung mit der wunschgemäßen Fern-Diagnose weg (Der Dämon ist aus deiner Tochter herausgegangen, 7,29). Am Ende ist das Kind auf ihr (unreines) Bett hingeworfen (7,30), wo der Unreine Geist ihr offenbar geblieben ist. Von einem rettenden Aufstehen kann bei ihr keine Rede sein, obwohl sie als Kind bezeichnet wird (vgl. https://www.skandaljuenger.de/post/aus-dem-kleinen-abc-zum-markus-evangelium-k-kinder).


Bei der Heilung von einem sprachlosen und tauben Geist versagen die Schüler aus einem frappierenden Grund, den Jesus ihnen im Nachhinein erklärt (9,29). Sie hätten nur zu beten brauchen. Die unausgesprochene Pointe: Dieser so fatal wirksame taube Geist konnte ihre Austreibungs-Befehle nicht hören - und deswegen ihnen so wenig folgen, wie sie selbst Jesus nicht folgen, den sie doch hören könnten.


Einer der Schüler (Johannes) beschwert sich bei Jesus, dass jemand, der ihnen nicht nachfolge, Dämonen auswerfe (durch deinen Namen, 9,38, sic!), was sie verhindert hätten. Jesus widerspricht ihnen; Keiner, der eine Machttat in seinem Namen tue, könne ihn danach schlechtreden (9,39).


Austreibungen werden nicht als Heilungs-Wunder Jesu oder gar als Exorzismen erzählt. Sie zielen nicht auf das Ergebnis, sondern belegen die vielen, von Jesus ungelösten Probleme der Welt um ihn herum.


Die mit Abstand längste Geschichte erzählt die kuriose Schein-Heilung eines Besessenen von einem Unreinen Geist (5,2ff). Jesus kommt ins Gespräch mit ihm, der sich auf Nachfrage Legio nennt (denn wir sind viele. 5,9) und Jesus von sich aus dazu aufruft, nicht ausgesandt zu werden. Nachdem er sich als eine Vielzahl Unreiner Geister entpuppt, rufen die ihn dazu auf, in eine Schweineherde fahren zu dürfen.


Jesus wirft sie also nicht aus, sondern erlaubt ihnen nur den gewünschten Wirtswechsel, der letztlich dazu führt, dass die Schweineherde im Meer erstickt (5,13). Die Geschichte derart wundersamer Wendungen und Wandlungen ist Teil einer grotesken Biographie, einer satirischen Darstellung des Paulus (vgl. https://www.skandaljuenger.de/post/die-geschichte-des-sog-besessenen-von-gerasa-mk-5).

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