Glosse: Umbenennungen
Aktualisiert: 12. Feb.
Und er lud dem Simon [den] Namen Petros [Felsbrocken] auf.
Und Jakobos, den [Sohn] des Zebedaios, und Johannes, den Bruder des Jakobos,
und lud ihnen [den] Namen Boanerges auf, das ist: Söhne des Donners (3,16f).
Bei Markus geht es um den Weg Jesu, der am Ende nicht mit Ehre gekrönt war. Hier soll es mal um eine Straße in München gehen. Sie verläuft in der Nähe der St. Markuskirche, ist also von Markus nicht weit entfernt.
Auch sie war an ihrem Ende nicht mit Ehre gekrönt, musste sogar umgewidmet werden. Genau genommen war es nur das Kopfstück der Arcisstraße, das 1957 nach dem Bischof Hans Meiser benannt worden war. Diese Umbenennung in Meiserstraße wurde ein halbes Jahrhundert später wieder zurückgezogen, weil bekannt wurde, dass der Bischof sich judenfeindlich geäußert hatte. Da waren Leichen im Keller seiner Biographie gefunden worden, die solcher Ehre nicht zuträglich waren.
In allen Biographien gibt es Leichen im Keller. Es gibt sie gehäuft bei Mächtigen – und daher auch bei Straßennamen. Die Arcisstraße ist nach einer Schlacht aus den Napoleonischen Befreiungskriegen benannt. In der Umgebung von Arcis fielen etwa 7.000 Menschen. Der schnurgerade Verlauf der Straße entspricht nicht dem Kurs, den die bayerische Machtpolitik damals verfolgt hatte. Das ist wieder ein anderes Thema.
Zu den Gebäuden Hitlers, die ihr später zur Seite standen, hätte das Kopfstück einer Meiserstraße gut gepasst. Der Bischof ließ sich mit den Mächtigen ein wie so viele andere damals, wie etwa auch Kardinal Faulhaber. Ob er ein Wendehals war, steht dahin. Als Bischof musste er sich mit den Starken arrangieren, wenn er auf der Seite der Schwachen stehen wollte. Das zumindest konnte man ihm zugutehalten, als das Straßenstück posthum nach ihm umbenannt wurde. Damals gab es keine Zweifel an seiner Straßennamentauglichkeit.
Mit Umbenennungen von Straßen werden Zeichen gesetzt. So auch, als die Promenadengasse nach Michael Faulhaber und ein Stückchen Altstadtring nach Franz Josef Strauß benannt wurden. Es riecht nicht, sagen die mächtigen Menschen, die sich dort fortbewegen, ohne zu wissen, was alles faul war im Leben von Faulhaber oder Strauß. Die Leichen im Keller von Meisers Biographie aber begannen zu stinken. Das Straßenstück wurde umbenannt.
Seitdem heißt es nach Frau Luther. Von Einigen wurde das geruchs- und gendermäßig als Fortschritt empfunden, obwohl Herr Käthe treu an der Seite ihres nicht eben judenfreundlichen Mannes stand. Die Kirchenleitung, die dort ansässig ist, arrangierte sich damit. Allerdings hat sie mit der Anschrift Katharina-von-Bora-Straße mehr zu schreiben, als wenn der Straßenname nicht gegendert, sondern geändert worden wäre in Meisen- oder Ameisenstraße.
Jahre später soll nun in Pullach eine Bischof-Meiser-Straße umbenannt werden, weil auch dort bekannt wurde, dass der Bischof sich judenfeindlich geäußert hatte. Einige Leichen liegen gleich auf dem Friedhof nebenan, auch die des derzeit favorisierten Nachfolgers. RIP. Hoffentlich wird nicht auch in dessen Biographie etwas gefunden werden, was solcher Ehre abträglich wäre.
Mit Umbenennungen werden Zeichen gesetzt. Aus dem Menschenfischer namens Simon, dem ungekrönten Kopfstück der Zwölf, wird ein Petros, ein Felsbrocken, der eigentlich aus dem Weg geräumt werden sollte (1,3 vgl. Jes 62,10). Aus dem ebenfalls fischelnden Brüderpaar Jakobos und Johannes (1,19) werden scheinbar aramäische boanerges. Die Donnersöhne heißen nun nach der Leistung (ergon) ihres Gebetsgeschreis (boaō), dürfen aber diesen nicht eben judenfreundlichen Spottnamen, der freilich keine Verwendung findet, beibehalten.
Anders Petros, der Wendehals. Die Umbenennung, von Jesus ohnehin ignoriert, wird von ihm wieder zurückgezogen. Für ihn ist Petros am Ende nur ein Simon, einer von dreien. Einer, der am Ende ist. Kein Menschenfänger wie am Anfang, kein Felsbrocken mehr, auch kein wachsamer Türhüter, höchstens ein allzu großer Stein in der Tür des Grabdenkmals (16,3). Denkt um! (1,15).
Fazit: Change your mind, fishermen’s friend!
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